Ingeborg-Drewitz-Literatur-Preis für Gefangene

Der Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis für Gefangene wurde 1988 begründet. Er ist benannt nach der deutschen Schriftstellerin Ingeborg Drewitz (1923-1986), die u.a. bei amnesty international, im Verband deutscher Schriftsteller und im deutschen P.E.N.-Zentrum aktiv war. Sie trat intensiv für die Menschenrechte und auch für die Interessen von Inhaftierten in deutschen Gefängnissen ein.

Wozu?

Anliegen dieses Preises ist es, Inhaftierte (und ehemalige Inhaftierte) selbst zu Wort kommen zu lassen und ihre authentischen Erfahrungen als Zeugnisse über das Leben hinter Gittern zu sammeln und zu publizieren. So kann auch draußen eine immer noch wenig informierte Öffentlichkeit Einblick bekommen und sich in die Gestaltung des Strafvollzugs im Sinne der Menschenrechte mit einbringen.

Aus den Einsendungen wählt eine Jury die gelungensten und eindrucksvollsten Texte aus. Die ausgezeichneten Beiträge werden anschließend in einem Sammelband veröffentlicht. Die Jury besteht aus sechs Juror*innen, zu denen (ehemalige) Gefangene sowie Personen aus den Bereichen Literaturwissenschaft, Journalismus, Kriminologie oder Gefängnisseelsorge gehören. Ebenfalls zur Jury gehört von Anfang auch der Initiator des Preises, der Germanist Helmut H. Koch.

Struktur und Ablauf

Der Gründungsimpuls für den Preis kam aus der 1986 entstandenen Arbeitsstelle Randgruppenkultur-/ literatur im Institut für Deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik der Universität Münster, in der Gefangenenzeitungen, Literatur aus Psychiatrie und Strafvollzug gesammelt und erforscht werden.

Zum Trägerkreis des Preises gehören neben Einzelpersonen, die die Gruppe schreibender Gefangener repräsentieren, das Strafvollzugsarchiv an der Fachhochschule Dortmund und der (das Projekt auch koordinierende) Verein Chance e. V. Münster, die Katholische Gefängnisseelsorge in Deutschland e.V., die Bundeskonferenz evangelische Gefängnisseelsorge, die Humanistische Union Nordrhein-Westfalen und der Verein Sichtwaisen. Bis 2019 organisierte die Gefangeneninitiative Dortmund die Preisvergabe. Die Preisverleihungen der letzten Jahre wurden regelmäßig von der Kommende – Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn – in Dortmund unterstützt. Finanziert wird der Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis für Gefangene bis jetzt ausschließlich durch Spenden und den Trägerkreis.

Der Literaturpreis wird alle drei Jahre vergeben (bisher 11mal) und ist bei der Textsorte nicht festgelegt; willkommen sind z.B. Gedichte, Erzählungen, Romanauszüge, Tagebuchtexte, Reportagen, Briefe, Hörspiele, Rap etc. Das Motto der Ausschreibung wird jedes Mal neu verabredet – 2023: Schuld, 2015: Gemeinsam einsam, 2017: Begegnungen.

Der Ingeborg – Drewitz – Literaturpreis, der in dieser Form deutschlandweit einzigartig ist, stellt einen ergänzenden Faktor im deutschen Kulturleben dar. Eine Schirmherrschaft für den Preis haben bisher unter anderem Martin Walser, George Tabori, Luise Rinser, Friedrich Magirius, Hans Schwier, Heinz Müller-Dietz, Siegfried Neuenhausen, Peter Zingler, Thomas Galli sowie Konstantin Wecker übernommen.

Bisherige Anthologien

  • Risse im Fegefeuer, Rainer Padligur-Verlag/Hagen 1989
  • Fesselballon, Daedalus-Verlag/Münster 1992
  • Gestohlener Himmel, Thom-Verlag/Leipzig 1995
  • Wenn Wände erzählen könnten, agenda-Verlag/Münster 1999
  • Nachrichten aus Anderwelt, agenda-Verlag/Münster 2002
  • Nichts beginnt. Nichts passiert. Nichts endet, agenda-Verlag/Münster 2005
  • Geräusche der Nacht, agenda-Verlag/Münster 2008
  • In jeder Nacht lacht der Teufel leise, Asso-Verlag/Oberhausen 2011
  • Gemeinsam einsam, agenda-Verlag/Münster 2015
  • Begegnungen in der Welt des Widersinns, Rhein-Mosel-Verlag/Zell 2018
  • Gewitter hinter Gittern, Rhein-Mosel-Verlag/Zell 2022

Kontakt

Organisiert und koordiniert wird der Ingeborg-Drewitz-Preis vom Verein Chance e.V. in Münster, Friedrich-Ebert-Str 7/15, 48153 Münster, Telefon: 0251-62088-0, info@chance-muenster.de

Weitere Infos

https: //de.wikipedia.org/wiki/Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis für Gefangene